Das Quadricycle ist das erste Meisterstück des Automobilpioniers Henry Ford, es rollte 1896 als erstes von Henry Ford entwickelte Automobil über die Straßen von Detroit. Die Jungfernfahrt führte über 13 Kilometer.
KÖLN/Groß Behnitz (pb): Es ist der 4. Juni des Jahres 1896. In der Bagley Avenue 58 von Detroit brennt morgens um zwei Uhr noch Licht. Dort tüftelt ein Ingenieur an seinem Meisterstück: seinem ersten selbst entwickelten Automobil. Der Konstrukteur heißt Henry Ford, und was er in den späten Nachtstunden zum ersten Mal zum Leben erweckt, wird den Grundstein für einen Weltkonzern legen – das Quadricycle, der allererste Ford überhaupt. Dass diese Schöpfung breiter war als die Tür des Kohlenschuppens, den der Erfinder als Werkstatt nutzte, konnte den Lauf der Geschichte nur kurz aufhalten. Ford brach kurzerhand ein Loch in die Wand und startete mit seinem kleinen Wägelchen im Regen zur Jungfernfahrt. Die fand nach gut 13 Kilometern aufgrund von Problemen mit der Zündung zwar vor dem Cadillac-Hotel ein vorzeitiges Ende, doch der erste Schritt auf dem langen Weg zu einem der größten Fahrzeughersteller der Welt war gelungen.
Quadricycle: Zwei Jahre hatte Ford, inzwischen 32 Jahre alt und im Hauptberuf Chefingenieur der Edison Illuminating Company, an seinem Auto gearbeitet. Als Motor diente ein selbst entwickelter Zweizylinder, wobei die Zylinder aus Dampfrohren bestanden. Beatmet wurde das Maschinchen über Einlass-Schnüffelventile, auf der Auslassseite übernahmen über Kipphebel betätigte Exzenter die Steuerung der Ventile. Ein Nadelventil fungierte als Vergaser, eine Trockenbatterie versorgte die elektrische Abreißzündung über eine handgewickelte Spule mit Strom. Die Schmierung übernahm ein Tropföler. Die Kraft – immerhin vier PS – fand anschließend über zwei Lederriemen und eine Kette ihren Weg zum Differenzial der Hinterachse. Zwei Vorwärtsgänge standen zur Wahl, die über den Spannhebel der beiden Riemen eingelegt werden konnten. Das Fahrzeug besaß keine Bremse – sein Fahrer musste mit den Füßen das Vehikel zu Stehen bringen – mit einem seitlich ausgestellten Fuß gegen das laufende Rad zu drücken. Und da sein Auto auf vier Fahrrad-Reifen rollte, stand auch der Name schnell fest: Quadricycle, beachtliche Höchstgeschwindigkeit 32 km/h. – das war zu jener Zeit geradezu rasant!
Autos für alle: Henry Fords grandiose Vision von der Massenmotorisierung nahm mit dem Quadricycle ihren Anfang. Die Einführung der Fließband-Produktion für das Modell T und viele Maßnahmen, mit der Ford die wirtschaftliche Situation seiner Mitarbeiter auf solide Füße stellte und so eine kaufkräftige Mittelschicht schuf, waren die nächsten Schritte auf dem Weg zu einem Unternehmen von globaler Bedeutung.
Der Mann, der die Welt mobil machte: Vor 150 Jahren wurde Henry Ford geboren. Der Begründer des Weltkonzerns war von Jugend auf begeistert von Motoren und Maschinen und blieb zeitlebens neugierig und visionär. Durch die Einführung der Fließbandfertigung ebnete er den Weg zur industriellen
Massenproduktion und zu erschwinglichen Automobilen für jedermann
Hennry Ford, der als wohl größter Innovator der Industriegeschichte gilt, schuf Einmaliges auf eine einmalige Weise: Als Sohn eines Farmers geboren, folgte er allein seiner Leidenschaft für Mechanik und Motoren – und baute darauf ein Weltunternehmen auf, das den Lauf der Dinge veränderte. Am 30. Juli 1863, also vor 150 Jahren, wurde Henry Ford geboren. Nach seiner Ausbildung zum Maschinisten im nahen Detroit arbeitete er bei der Westinghouse Electric Corporation an Ottomotoren. 1891 ging Henry Ford als Ingenieur zur Edison Illuminating Company – gegründet vom weltberühmten Erfinder Thomas Alva Edison. Die Beförderung zum Chefingenieur 1893 verschaffte ihm die nötigen Freiheiten, um seine eigenen Forschungen an Verbrennungsmotoren weiter voranzutreiben. Sein erstes Motorfahrzeug, das Quadricycle , begeisterte 1896 auch Fords Arbeitgeber: „Junger Mann, das ist es! Eine eigenständige Motoreinheit, die ihren Treibstoff mit sich führt – bleiben Sie dran!“, ermutigte Edison den ihm noch unbekannten, aber talentierten Mechaniker.
Durch das Quadricycle begeisterte er Investoren für seine großen Pläne und gründete 1899 die Detroit Automobile Company, den ersten Autohersteller in der späteren „Motor City“. der wohl wichtigste davon war, der bei Ford lange Jahre die Werbung, den Kundenservice, das Vertriebsnetz und vieles andere maßgeblich prägen sollte.
Am 16. Juni 1903 gründeten James Couzens und Hennry Ford die Ford Motor Company und nur wenige Monate später debütierte das Modell A – der erste Ford. Auch wenn mittlerweile 87 weitere Autohersteller in den USA um die Gunst der Kunden kämpften: Das ausschließlich in Rot (!) und zu einem Basispreis von 750 US-Dollar gelieferte „Fordmobile“ bewies, dass Henry Ford mit seiner Vision der erschwinglichen Motorisierung richtig lag.
Autos für Jedermann – gebaut in revolutionär neuen Werken
Henry Ford verstand nicht nur viel von Autos. Er verstand auch als Erster, dass sie das Potenzial hatten, die Gesellschaft zu verändern. Bis dahin galten Automobile als Luxusgüter. Ford aber erkannte, dass sie – eine kostengünstige Fertigung vorausgesetzt – auch für die breite Masse erschwinglich sein könnten. Und dass die breite Masse sie liebend gerne kaufen würde. Folgerichtig suchte er nach effizienten Fertigungsmethoden, um mehr Autos zu einem niedrigeren Preis anbieten zu können.
Das Ergebnis dieser Suche ist weltbekannt: 1914 führte er im Werk Highland Park das Fließband ein. Das damit einhergehende Prinzip, den gesamten Produktionsprozess in einzelne Arbeitsschritte zu zerlegen, ist bis heute als Fordismus bekannt. Die Fließbandtechnik erlaubte eine enorme Produktionssteigerung beim bereits bestens eingeführten Modell T. Bereits 1918 war jeder zweite Wagen in Amerika eine „Tin Lizzy“. Bis 1927 wurden so mehr als 15 Millionen Exemplare dieses Jahrhundertautos gebaut – ein Rekord, der die nächsten 45 Jahre Bestand haben sollte.
Foto (3): P. Bohne