Lkw von morgen: Sicher, klimaschonend und vernetzt

Beim 3. DEKRA Zukunftskongress Nutzfahrzeuge (19./20.11.2019) in Berlin diskutierten Experten und Praktiker aus Politik, Industrie, Forschung und Transportgewerbe die Potenziale innovativer Technologien rund um das Nutzfahrzeug und die Telematik. Im Mittelpunkte der Vorträge und Podiumsgespräche standen insbesondere Themen wie aktive Sicherheit, automatisiertes Fahren, intelligente Vernetzung, E-Mobilität, CO2-Reduktion, Digitalisierung und Telematik. Abbiegeassistent rettet Leben!

 

Berlin (Dekra/pb: Die rasante technologische Entwicklung der Nutzfahrzeugbranche in den letzten Jahren zeigt deutlich: Der Lkw hat sein Negativimage vom Fahrzeug, das die Luft verpestet, laut ist und schwere Unfälle verursacht, weit hinter sich gelassen. Dazu beigetragen haben Hersteller und Zulieferer durch eine Vielzahl an Innovationen. Doch bei allen Fortschritten steht die Nutzfahrzeugindustrie vor großen Herausforderungen, die in den kommenden Jahren die Prozessabläufe und Investitionsentscheidungen in Transportunternehmen und Speditionen bestimmen werden – etwa im Blick auf automatisiertes Fahren, Digitalisierung, Vernetzung oder alternative Antriebe. Was die Branche umtreibt, machte der 3. DEKRA Zukunftskongress Nutzfahrzeuge deutlich. Vor rund 300 Gästen diskutierten an zwei Tagen namhafte Referenten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft, wo unter anderem in Bezug auf Effizienz, Klima und Verkehrssicherheit der größte Handlungsbedarf für eine auch weiterhin nachhaltige Optimierung besteht. „Unser Zukunftskongress Nutzfahrzeuge setzt sich auch in diesem Jahr wieder mit den Megatrends auseinander, die den Warenverkehr auf der Straße in den kommenden Jahren maßgeblich beeinflussen werden“, sagte Jann Fehlauer, Geschäftsführer der DEKRA Automobil GmbH, bei der Begrüßung der Gäste. Die breite Themenpalette mache deutlich, dass sich der Kongress nicht ohne Grund als hochkarätige, zentrale Plattform für den Austausch rund um die Sicherheit und Zukunftsfähigkeit von Nutzfahrzeugen etabliert habe.

Ehrgeizige Co²-Reduktionsziele
In Sachen Klimaschutz waren sich die Kongressteilnehmer darin einig, dass alle Player an einem Strang ziehen müssen, um die ehrgeizigen Ziele der EU zu erreichen. Nach den Beschlüssen der Kommission Beschlüssen müssen Lkw bis 2025 ihre Co²-Emissionen um 15 % mindern, bis 2030 dann sogar um 30%. „Wir hätten uns realistischere Ziele gewünscht, doch die Vorgaben sind geltendes Recht, an das wir uns halten müssen“, erklärte Dr. Kurt-Christian Scheel, Geschäftsführer beim Verband der Automobilindustrie (VDA). An die Politik richtete er die Forderung, die Fördermöglichkeiten für alternativ angetriebene Nutzfahrzeuge zu verbessern und außerdem massiv in eine entsprechende Ladeinfrastruktur zu investieren.                                                                                                                                                                                          Steffen Bilger, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, bekräftigte seinerseits, dass die Bundesregierung zu den Klimazielen stehe, die seiner Ansicht nach auch erreichbar seien. Der Staat werde auf dem Weg zur Mobilität der Zukunft in den nächsten Jahren noch zahlreiche Förderprogramme auflegen. „Aktuell sind wir außerdem dabei, eine nationale Wasserstoffstrategie zu entwickeln, die im Dezember 2019 ins Kabinett eingebacht werden soll.“                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Rund um den Klimaschutz und die Reduktion der Co²-Emissionen präsentierten die Referenten auf dem Zukunftskongress zahlreiche Strategien. So ging unter anderem Winfried Gründler, Senior Vice President der ZF Friedrichshafen AG, auf die Elektrifizierung im Nutzfahrzeug ein. Andreas Wimmer, Vice President Systems/Vehicle Technologies bei der Knorr-Bremse Systeme für Nutzfahrzeuge GmbH, thematisierte in seinem Vortrag neben der E-Mobilität auch den Leichtbau. Auf der Agenda in Berlin standen außerdem die Potenziale gasbetriebener Lkw sowie kraftstoffsparender Trailer-Technologien.

Effizienter Schutz bei Rechtsabbiegeunfällen
Seitens der Politik beschäftigte sich Steffen Bilger in seiner Keynote auch mit der Verkehrssicherheit von Nutzfahrzeugen ein und richtete im Zusammenhang mit dem Abbiegeassistenten kritische Worte in Richtung EU. Hintergrund: Für neue Lkw-Fahrzeugtypen wird der Abbiegeassistent erst ab 2022 und für alle neuen Lkw ab 2024 verpflichtend. „Wir hätten uns einen deutlich früheren Zeitpunkt gewünscht, freuen uns aber über jeden Transportunternehmer, der dieses System heute schon für seine Fahrzeuge bestellt und so vor allem beim Rechtsabbiegen zum Schutz von Radfahrern und Fußgängern beiträgt“, so der Parlamentarische Staatssekretär.                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Das der Abbiegeassistent die Sicherheit ungeschützter Verkehrsteilnehmer deutlich erhöhen kann, untermauerten die Ausführungen zur Herstellerlösung von Mercedes-Benz Lkw sowie zu den Nachrüstlösungen etwa von Luis Technology oder von Wüllhorst Fahrzeugbau und Edeka Südbayern. Bei dieser Gelegenheit verkündete Dieter Schoch von der Daimler AG, dass Mercedes-Benz den seit 2016 ab Werk erhältlichen Abbiege-Assistenten seit Neuestem für zahlreiche Modelle der Baureihen Actros, Arocs oder Econic auch als Nachrüstlösung anbietet. Ebenso, versprach Schoch, wird der Notbremsassistent Aktive Brake Assist der fünften Generation mit Fußgängererkennung ab Januar 2020 in allen neuen Actros und Arocs in Europa serienmäßig verbaut sein.

Automatisiertes Fahren: Herausforderungen für Fahrzeugüberwachung
Angesichts der Tatsache, dass fast 90 Prozent aller Straßenverkehrsunfälle auf menschliches Versagen zurückgehen, bieten Fahrerassistenzsysteme und automatisierte Fahrfunktionen ein großes Sicherheitspotenzial, indem sie Fehler des Menschen verhindern oder deren Folgen vermindern. „Selbstverständlich muss in diesem Zusammenhang gewährleistet sein, dass die Systeme im Lauf der Entwicklung und im Rahmen der Typgenehmigung umfassend getestet und geprüft werden“, gab DEKRA Geschäftsführer Jann Fehlauer in Berlin zu bedenken. Zudem müssten die Systeme über den gesamten Lebenszyklus des Fahrzeugs hinweg zuverlässig funktionieren, also auch im Rahmen der Periodischen Fahrzeugüberwachung geprüft werden können. Im digitalen Zeitalter könne dies nur auf der Grundlage eines direkten und unabhängigen Zugangs zu den prüfungsrelevanten Daten und Diagnosefunktionen im Fahrzeug funktionieren, betonte Fehlauer.

Mehrwerte durch intelligente Telematik
Auf dem Zukunftskongress nahmen die Experten und Praktiker aus Industrie und Forschung auch ausgiebig den Status sowie die weiteren Entwicklungen im Bereich der Telematiksysteme im Zugfahrzeug wie im Trailer unter die Lupe. Im Mittelpunkt standen insbesondere der Nutzen für Spediteure und Transportunternehmer im Hinblick auf Logistik, Controlling und Kosteneffizienz.                                                                       Prof. Dr. Heinz-Leo Dudek, Dekan der Fakultät Technik an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) in Ravensburg (Campus Friedrichshafen), sieht in der Telematik den Trendsetter der Digitalisierung in Transport und Logistik. Im Nutzfahrzeug werde sie mittelfristig mit dem Internet der Dinge verschmelzen. Transparenz spielt seiner Ansicht nach bei all diesen Prozessen eine ganz entscheidende Rolle. Wie Prof. Dudek erklärte, ist die Digitalisierung im Transportwesen schon sehr weit fortgeschritten. Wenn es um „Big Data“ gehe, sei die „Sharing Economy“ etwa in Form digitaler Vermittlungsplattformen aber noch nicht ausreichend in den Köpfen angekommen. „Daneben ist aufgrund der fragmentierten Anbieterlandschaft eine Standardisierung der verschiedenen Systeme erforderlich.“

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